VEB Robotron - Etappe 2

Ähnlich unerwartet, wie zur ersten Etappe brachen wir auch zur zweiten auf. Die Wetter-App gaukelte uns bis zum Vorabend 60% Regenwahrscheinlichkeit vor, um am nächsten Morgen auf 0 bis 1% herunter zu korrigieren. Also packten wir hektisch alles zusammen. Das Frühstück liesen wir aus – da würde sich schon etwas ergeben. Trotzdem standen wir erst gegen 9.30 Uhr auf dem Parkplatz in Königstein. Die Fähre brachte uns fast nahtlos ans andere Ufer. Der erste Aufstieg mit leerem Magen wurde von einer Kindergartenwandergruppe und einer liebesbedürftigen Katze etwas kurzweiliger, wobei wir zwischendurch in Betracht zogen, einem oder mehreren Kindern die Pausenbrote zu stehlen.

Nun lag der Lilienstein imposant vor uns, hinter uns die Festung Königstein, in den Senken der Nebel. Der Feldweg, auf dem man sich dem Lilienstein nähert, lässt nicht blicken, wie man dort je nach oben kommen sollte. Aus vergangenen Wanderungen kannten wir den Weg. Das ausgelassene Frühstück rächte sich jedoch bei Frau Muffmuff. Schnaufend musste Sie schon bald den Wanderrucksack an den Gatten abgeben. Ein paar Kilo leichter ging es besser über die steilen Stufen und Stiegen. Gleich als erstes wurden die Aussichten genossen. Noch waren wenige Wanderer hier oben angekommen, so dass wir Ruhe hatten und den Rundum-Blick in vollen Zügen genießen konnten. Herr Muffmuff bemerkte, dass ihm die Höhe ganz schön zu schaffen machte, es würde ihm beim Hinabschauen ganz anders werden. Das Alter?

Da wir heute mit Spoiler spielten, war das Finden des Kontrollpunktes kein Problem. Die eben geöffnete Gaststätte hatte einen ebenso langen Arm, wie das Café bei der ersten Etappe. Die Bedienung war äußerst gut gelaunt, ja regelrecht unterhaltsam. Mit ihrem singenden Akzent brachte Sie Anekdoten zu Tage, die alle Anwesenden gut unterhielten. Unser Frühstück bestand aus einem sehr gut gemachten Szegediner Gulasch mit böhmischen Knödeln und einem großen Bier – dazu Geschichten von Nacktwandergruppen. Der Tag stand also unter einem guten Zeichen. Satt und in bester Stimmung verließen wir den Lilienstein in Richtung Rathen. Wir legten nun ein gutes Tempo vor, so dass wir dachten, unser Ziel heute noch zu erreichen. Die Schönheit der Natur ließen wir dabei nicht außer Acht. Sogar der Sperlingskauz entging uns nicht, der in einigen Metern Entfernung hoffte, unbemerkt zu bleiben.

Alles lief wie am Schnürchen bis zur Station 12. Dort wollte sich partout kein Hinweis finden lassen. Nicht über die Koordinaten, die hier hin und her sprangen, nicht über das Spoilerbild. Den vermeintlichen Fundort hatten wir vielleicht entdeckt, nicht aber den so dringend benötigten Hinweis. Über eine Stunde suchten wir vergeblich. Ohne Hinweis wäre hier Schluss. Der dünne Empfang an Internet ließ eine Hilfenachricht zu. Erst eine, am Ende vier… Inzwischen waren wir weitergelaufen und hatten die Hoffnung auf Hilfe schon aufgegeben, als die erlösende WhatsApp mit dem fehlenden Hinweis eintraf. Wir waren auf dem richtigen Weg und nun wieder im Rennen.

Mit deutlich gestrafftem Tempo hatten wir die Hoffnung, den Bergtest am selben Tag noch abschließen zu können. An der Hocksteinnadel erklommen wir die Stufen so schnell, das die Smartwatch einen bedenklichen Puls in dunkelrot anzeigte. Wieder kam es zur Verzögerung: Muggel, unstete Koordinaten und Erschöpfungsblindheit ließen uns lange um den Kontrollpunkt kreisen, bis wir auch hier endlich den Stempel auf die Unterlagen drücken konnten.

 

Weiter ging es im Stechschritt. Nun auf breiten Wanderwegen, die uns aber über die verbleibenden Entfernungen immer wieder narrten. War der Waypoint eben noch 300 Meter entfernt, führte der Weg immer weiter weg, um in der nächsten steilen Kurve wieder Hoffnung zu vermitteln. Plötzlich lagen wir trotz aller Vorkommnisse wieder gut im Rennen. Die nächsten benötigten Infos waren sofort entdeckt. Die 870 Stufen der Schwedenlöcher eilten wir im gestreckten Galopp nach oben, vorbei an anderen schnaufenden Wanderern und Tagestouristen machte die Erschöpfung schon fast euphorisch. Kurze Unsicherheit dann am Ausstieg. Sollte es wirklich hier entlang gehen? Die Sonne färbte den Himmel schon gold ein und machte sich bereit, hinter der Bastei zu verschwinden. Das Smartphone sagte den Untergang in 60 Minuten voraus.

Der letzte Kontrollpunkt war unser kleines Vorfinale. Noch einige Minuten und Rechnungen lang, haderten wir damit, ob wir das Final doch noch angehen sollten. "Nicht im Dunkeln suchen“ stand im Listing. Wir brachen ab – schließlich sei es ja nicht schlimm, noch einmal ins Elbsandsteingebirge zu müssen, stellten wir einhellig fest. Nun blieb uns auch noch genug Zeit, die Bastei in ihrer vollen Sonnenuntergangspracht, mit wenig Touristen und Hektik zu genießen. Das Smartphone sammelte noch ein paar herrliche Aufnahmen ein und wir konnten kaum genug bekommen von der mystischen Ausstrahlung des Ortes und den atemberaubenden Aussichten.

Der Abstieg nach Rathen war für die Knie eine große Herausforderung. Da wir Blasen an den Füßen, brennende Waden und berstende Knie bereits länger ignorierten, standen wir bald glücklich und geschafft an der Fähre. Inzwischen war es ganz schön kalt geworden. Die 20 Minuten Wartezeit an der Bahn brachten Frau Muffmuff fast den Kältetod. Die Energie des Szegediner Gulasch war längst umgewandelt und reichte nicht mehr zum Heizen des Körpers. Im Cachemobil wurden dann alle wärmenden Verbraucher zugeschaltet, der Weg nach Hause war um die Zeit nahezu staufrei. Auch ohne Final in der Tasche waren wir glücklich über den eindrucksreichen Tag. 27,83 km zeigten die Aufzeichnungen für die heutige Wanderung.



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